Early Career Researchers stehen unter einem hohen Druck, wenn sie eine Wissenschaftskarriere anstreben und müssen genau überlegen, wie sie sich ihre Zeit einteilen. Außerdem stehen sie meist in Abhängigkeitsverhältnissen und können oft nicht (ausschließlich) selbst entscheiden, wie Prozesse ablaufen und welche Standards angewendet werden.
Wir wollen an dieser Stelle kritische Argumente und Fragen in Bezug auf Open Science aufgreifen. Es sind Fragen, die uns auf Veranstaltungen und Workshops selbst gestellt wurden oder die wir für relevant halten. Bei den Antworten versuchen wir, das durchaus berechtigte Anliegen ernst zu nehmen und insbesondere aus der Perspektive der Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen auf die Thematik zu blicken.
Wenn Sie über die unten im FAQ hinaus mehr zu Herausforderungen und Benefits von Open Science in den frühen Phasen der wissenschaftlichen Karriere erfahren möchten, so können Sie das im Artikel Open science challenges, benefits and tips in early career and beyond von Christopher Allen und David M. A. Mehler (2019).
Ferner soll hier auch auf das am 17. Oktober 2022 erschienene Positionspapier der DFG zu Open Science als Teil der Wissenschaftskultur hingewiesen werden. Dieses bündelt die Positionen der DFG zu Potenzialen und Herausforderungen der einzelnen Teilbereiche von Open Science. Neben diesem nationalen Positionspapier seien hier auch noch die UNESCO Recommendations on Open Science aus dem Jahr 2021 angeführt, die erstmalig eine zwischenstaatlich vereinbarte Definition von Open Science liefern.
Open Science – FAQs & kritische Aspekte von Open Science
Was mache ich, wenn es in meinem Fach (meiner Teildisziplin) keine Open Access Journals mit ordentlichem Impact Factor gibt [passt auch zu: Chef*in/Betreuer*in will nicht, s. u.]? Ich verschenke dann doch Punkte für meinen H-Faktor?
- Abwägen, inwieweit eine Kombination (pre-print, post-print) möglich ist.
- Sichtbarkeit (Klickzahlen) als Gegenargument; neben bibliometrischen Nachteilen können selbst in solchen Feldern auch Vorteile stehen.
Was habe ich davon, meine Ideen und Daten zu veröffentlichen? Ich mache es anderen nur einfacher, meine Ideen zu klauen und von meinen Daten zu profitieren?
- Präregistrierungen sind mit einer Embargo-Periode versehen. Die eigenen Ideen sind somit nicht direkt einsehbar und es kann selbst bestimmt werden, wann die Präregistrierung öffentlich zugänglich ist.
- Präregistrierungen über Registered Reports bei Zeitschriften laufen über einen ständig dokumentierten Prozess ab, bei dem jederzeit nachvollzogen werden kann, was zu welchem Zeitpunkt wem bekannt war.
- Eine Datenveröffentlichung erfolgt nach der eigenen Primärnutzung von Daten.
- In verschiedenen Wissenschaftsfeldern zeichnet sich ab, dass die Veröffentlichung von Daten zu einem Reputationsgewinn führt (Zitierung von Daten, Erwähnung der entsprechenden Forschungsgruppe etc.).
- Veröffentlichung von Daten als Datenpublikation und somit einem zählbaren wissenschaftlichen Beitrag ist möglich.
Meine Betreuung hält nichts von Open-Science-Praktiken. Wie soll ich damit umgehen?
- Persönliche Entscheidung, Unterstützung von älteren Kolleg*innen nicht unbedingt gewährleistet: Gibt es andere Kolleg*innen am Institut/in der Wissenschaftsgemeinschaft, die sich mit dem Thema beschäftigen?
- Stärkung des selbstverantwortlichen und unabhängigen Handelns als Forscher*in: Was halte ich für sinnvoll? Was ist mir wichtig?
- Strategische Erwägungen für die Zukunft: Für Betreuende ist es evtl. unattraktiv, weil sie lieber die bekannte Praxis fortsetzen. Aber für jüngere Wissenschaftler*innen stellt sich die Frage, welche Anforderungen in Zukunft auf sie zukommen (Forderungen von Geldgebern, Kriterien bei Bewerbungen etc.). Man kann hier Zusatzpunkte sammeln mit vorbildlicher Praxis und entsprechendem Know-How im Vergleich zu Kolleg*innen.
Ich würde gerne im Open Access publizieren. Das ist aber viel zu teuer. Was soll ich tun?
- Open-Access-Funds z. B. an den Universitätsbibliotheken.
- Schon bei Antragstellung berücksichtigen, Mittel mit beantragen.
- Vereinzelt „Platin“ Open Access (keine Kosten für Autor*innen, oft von wissenschaftlichen Organisationen).
Wie findet man geeignete Open-Access-Zeitschriften in spezifischen Fachgebieten?
- Im DOAJ findet sind mehr als 10.000 OA-Zeitschriften zu finden. Es ist möglich dort, nach einer Reihe von Kriterien zu suchen, einschließlich Disziplin.
- Weitere nützliche Ressourcen sind die elektronische Zeitschriftenbibliothek der Universität Regensburg und das Web of Science.
Ich habe gehört, dass es im Open-Access-Bereich viele Predatory Journals gibt? Wie kann ich mich absichern?
- Beratung durch Betreuer*in, durch Universitätsbibliotheken, eigenes Gefühl entwickeln.
- Es gibt eine Reihe von Online-Tools und Initiativen, die Autor*innen dabei helfen, potenzielle Predatory Journals/Verlage zu identifizieren.
Ist das nicht sehr aufwändig (zumal ich mich da nicht auskenne und mein*e Chef*innen auch nicht)?
- Zeitaufwand verschiebt sich in den Bereich der Planung von Projekten; späterer Zeitgewinn durch bereits vorhandene und kontinuierlich erstellte Dokumentation (z. B. Methodenteil).
- Teilweise auch erhöhter Zeitaufwand, aber mit entsprechenden Vorteilen, was die Qualität der Forschung angeht: dokumentierte Hypothesen, bessere Datendokumentation, reproduzierbare Analysen, Wiederverwendbarkeit von Daten.
- Fast alle Universitätsbibliotheken und weitere Beratungseinrichtungen an jeder Uni bieten Unterstützung an zu Open-Science-Themen.
- Bestimmte Themen werden mit Sicherheit in Zukunft an Bedeutung gewinnen (z.B. Forschungsdatenmanagement, Open Data, Wissenschaftskommunikation).